Unternehmensnachfolge

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Unternehmensnachfolge: So früh wie möglich planen

Die Unternehmensnachfolge ist ein Thema, das zunehmend an Brisanz gewinnt. Die Zahl der Unternehmen, die in den nächsten Jahren zur Übergabe bereitstehen, nimmt immer weiter zu. Hauptgrund ist Studien zufolge die steigende Anzahl an Unternehmen, deren Geschäftsführung sich in den nächsten Jahren altersbedingt zurückziehen möchte.

Aktuelle Schätzung zur Unternehmensnachfolge in der DACH-Region

Unternehmensnachfolge in Deutschland

Wegen fehlender amtlicher Statistiken schätzt das Institut für Mittelstandsforschung IfM Bonn seit Mitte der 1990er Jahre die Anzahl der Unternehmen in Deutschland, die vor der Übergabe stehen. Die letzte Schätzung kommt zum Ergebnis, dass im Zeitraum 2022 bis 2026 etwa 190.000 Unternehmen zur Übergabe anstehen. Dies sind somit 40.000 mehr im Vergleich zur Schätzung für den Zeitraum 2018 bis 2022. Die höchste Anzahl an Übergaben findet sich demnach in der Branche der unternehmensbezogenen Dienstleistungen sowie unter den Unternehmen der Größenklasse 500.000 bis 1 Mio. Euro Jahresumsatz.

Die vollständige Studie des Instituts für Mittelstandsforschung finden Sie hier.

Unternehmensnachfolge in Österreich

Dun & Bradstreet veröffentlichte 2023 eine Studie, der zufolge in Österreich aktuell 45.526 Unternehmen vor einer offenen Nachfolgsituation stehen, weil eine Überalterung des Managements droht. Das sind umgerechnet rund 14,7 Prozent der protokollierten Unternehmungen, die in den nächsten Jahren ihre Nachfolge regeln müssen. Von den Kleinstunternehmen mit 1-9 Mitarbeitenden haben sogar 22,5 Prozent eine offene Nachfolge, bei den Kleinunternehmen mit 10-49 Mitarbeitenden sind es 17,2 Prozent und bei den mittelgroßen Unternehmen mit 50-249 Mitarbeitenden immerhin noch 9,0 Prozent.

Die Dun & Bradstreet Studie „Unternehmensnachfolge in Österreich 2023“ finden Sie hier.

Unternehmensnachfolge in der Schweiz

Laut der Studie «KMU Nachfolge Schweiz 2023» des Wirtschaftsinformationsdienstes Dun & Bradstreet haben in der Schweiz zurzeit 15,1 Prozent der Unternehmen ein sich anbahnendes Nachfolgeproblem, weil ihre Inhaber respektive Verwaltungsräte und Gesellschafter bereits über 60-jährig sind und sich noch nicht oder nur unzureichend um ihre Nachfolge gekümmert haben. Damit sind insgesamt knapp 95.000 Unternehmen betroffen.

Die Dun & Bradstreet Studie „KMU Nachfolge Schweiz 2023“ finden Sie hier.

Unternehmensnachfolge: Oft ist keine Lösung in Sicht

Das Thema Nachfolge gestaltet sich oft schwierig. In vielen Fällen ist daher noch keine geeignete Nachfolgeregelung sichergestellt. Verantwortlich für das Dilemma ist vor allem die demographische Entwicklung. Während die geburtenstarken Jahrgänge nach und nach in den Ruhestand gehen, sind weniger Menschen der ohnehin geburtenschwächeren, jüngeren Jahrgänge an einer Selbstständigkeit interessiert. Diejenigen, die die Selbstständigkeit suchen, bevorzugen zudem oft eine Neugründung.

In dieser Situation schieben viele Unternehmensinhaberinnen und -inhaber das Thema auf die lange Bank in der Hoffnung, dass sich doch noch eine Lösung auftut.

Unternehmensnachfolge: Der Faktor Zeit wird unterschätzt

Jede Form der Firmenübergabe braucht Zeit. Dabei spielt es keine Rolle, in welcher Form die Übergabe erfolgt. Mindestens 5 Jahre sind notwendig, denn die Planung einer erfolgreichen Unternehmensnachfolge ist ein komplexer Prozess, der sorgfältige Überlegungen und strategische Planung erfordert.

Verschiedene Optionen stehen zur Verfügung, die jeweils spezifische Vor- und Nachteile haben. Hier die klassischen Optionen:

Familieninterne Unternehmensnachfolge

Die Übergabe des Unternehmens an ein oder mehrere Familienmitglieder ist verständlicherweise oft die Wunschoption in Familienunternehmen. Diese Option kann die Unternehmenskontinuität sichern und die Unternehmenskultur bewahren. Allerdings setzt diese Lösung voraus, dass potenzielle Nachfolger aus der Familie die notwendige Qualifikation und das Interesse an der Unternehmensführung haben.

Verkauf an externe Dritte

Dies kann ein anderer Unternehmer, ein Konkurrent oder ein Investor sein. Der Vorteil dieser Option ist, dass sie oft eine klare finanzielle Regelung ermöglicht. Allerdings kann der Verkauf an externe Parteien zu Veränderungen in der Unternehmenskultur und -strategie führen. Bei den Mitarbeitenden entstehen dadurch viele Unsicherheiten und Ängste.

Übergabe an das Management (Management-Buy-Out)

Bei dieser Option übernimmt das bestehende Management das Unternehmen, oft durch den Kauf von Anteilen. Dies kann eine reibungslose Übergabe ermöglichen, da das Management bereits mit dem Unternehmen vertraut ist. Diese Lösung setzt voraus, dass geeignete Führungskräfte rechtzeitig aufgebaut und entwickelt werden.

Übergabe an die Belegschaft (Employee-Buy-Out)

Hierbei wird das Unternehmen an die Mitarbeitenden verkauft. Diese Option kann die Motivation und das Engagement der Mitarbeitenden erhöhen, erfordert jedoch in der Regel komplexe Finanzierungsmodelle.

Unternehmensnachfolge mit Stiftungslösung

Die Einbringung des Unternehmens in eine Stiftung kann die langfristige Fortführung des Unternehmens sichern und gleichzeitig soziale, kulturelle oder wissenschaftliche Ziele verfolgen. Dies kann jedoch zu einer Einschränkung der unternehmerischen Flexibilität führen.

Jede dieser Optionen erfordert sorgfältige Überlegungen und Planungen, um sicherzustellen, dass die Unternehmensnachfolge den Zielen des Unternehmers entspricht und das Fortbestehen des Unternehmens sichert.

Egal, wie die Übergabe erfolgen soll, die Vorbereitungen können Jahre in Anspruch nehmen. Die sorgfältige Vorbereitung des Nachfolgers und des Übergebenden hilft deshalb, Stolpersteine zu umgehen und einen Generationenwechsel erfolgreich zu gestalten.

Unternehmensübergabe: Eine kritische Phase

Situationen des Wandels sind immer kritische Phasen. Firmen in der Übergangsphase sind daher leicht verletzlich. Die Übergabe und die Neuorientierung bedeuten für die Übergeber wie auch für deren Nachfolger Schwerstarbeit.

Die strategische Planung muss neu überdacht werden und die Organisationsstrukturen kommen auf den Prüfstand. Bei allem Umbruch ist es wichtig, die Mitarbeitenden nicht außen vor zu lassen. Eine Firmenübergabe bedeutet daher auch, verstärkt auf die interne Kommunikation und die zwischenmenschlichen Beziehungen zu achten. Die Entscheidungs- und Kommunikationswege ändern sich. Eine neue Führungskultur hält Einzug. In diesem Zusammenhang kann es leicht zu Missverständnissen, Konflikten und Reibereien kommen.

Ein Patentrezept für eine erfolgreiche Übergabe gibt es nicht. Zu unterschiedlich sind die Unternehmen, Situationen und beteiligten Personen. Einige Regeln gelten jedoch generell.

8 Tipps für eine erfolgreiche Unternehmensübergabe

Hier sind einige wichtige Aspekte, die zu berücksichtigen sind, um eine erfolgreiche Nachfolge sicherzustellen:

Tipp Nummer 1: Rechtzeitig die Weichen stellen

Je früher man das Unternehmen auf die Nachfolge vorbereitet, desto besser. 5 bis 10 Jahre sollten mindestens eingeplant werden, damit sich das Unternehmen, die Nachfolger und die ausscheidende Geschäftsführung auf die neue Situation vorbereiten können. Auch für unvorhersehbare Ereignisse (Krankheit, Unfall) sollte es einen Notfallplan geben. Geschäftsaufgaben könnten bei langfristiger Planung oft vermieden werden.

Tipp Nummer 2: Klare Ziele für die Unternehmensnachfolge definieren

Bestimmen Sie Ihre langfristigen Ziele sowohl für das Unternehmen als auch für sich persönlich. Möchten Sie das Unternehmen innerhalb der Familie weitergeben, an einen externen Nachfolger verkaufen oder einen Mitarbeitenden zum Nachfolger aufbauen? Ihre Ziele beeinflussen die Planung und Vorbereitung der Nachfolge.

Tipp Nummer 3: Potenzielle Nachfolger offen ansprechen

Manchmal wird stillschweigend vorausgesetzt, gehofft oder gewünscht, dass ein Familienmitglied die Nachfolge übernimmt. Dieser Wunsch geht nicht immer in Erfüllung. Oft haben jüngere Familienmitglieder andere berufliche Pläne. Dann schafft ein offenes Gespräch Klarheit. Wer die Nachfolgefrage mit den Kindern frühzeitig abklärt, kann auch bei einem „Nein“ rechtzeitig die Alternativen ausloten. Ob andere Familienmitglieder, Käufer, externe Manager oder kompetente Mitarbeitende, alle Möglichkeiten können dann überdacht und diskutiert werden.

Tipp Nummer 4: Nachfolger gezielt und strukturiert aufbauen

Wenn der Nachfolger aus der Familie oder der Belegschaft kommt, kann man die Übergabe schrittweise vorbereiten und planen. Man kann sich die Zeit nehmen, dem Nachfolger die notwendigen fachlichen und organisatorischen Kenntnisse zu vermitteln. Genauso wichtig ist der Aufbau seiner persönlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten, z.B. in den Bereichen Mitarbeiterführung und Kommunikation. Der Besuch eines Führungskräftetrainings kann helfen, sich über die Führungsstile von Übergeber und Nachfolger klar zu werden, die Auswirkungen für die Mitarbeitenden zu erkennen und den Übergang dadurch bewusster zu gestalten. Wer versteht, was sich ändern wird, kann leichter mit den Reaktionen und Emotionen der Belegschaft umgehen.

Tipp Nummer 5: Rechtliche und finanzielle Aspekte klären

Eine Nachfolgeplanung beinhaltet auch rechtliche und finanzielle Überlegungen, wie z.B. die Bewertung des Unternehmens, Steuerfragen, Erbschaftsplanung und die Strukturierung des Übergabeprozesses. Es ist ratsam, frühzeitig mit Experten wie zum Beispiel Rechtsanwälten, Steuerberatern und Finanzexperten zusammenzuarbeiten.

Tipp Nummer 6: Kommunikationsstrategie entwickeln

Eine offene und transparente Kommunikation ist entscheidend für den Erfolg der Nachfolge. Informieren Sie rechtzeitig über den geplanten Nachfolgeprozess, um Unsicherheiten und mögliche Konflikte zu minimieren. Denken Sie dabei an alle Stakeholder-Gruppen, also zum Beispiel an:

  • Andere Familienmitglieder
  • Mitarbeitende
  • Kunden
  • Lieferanten
  • Kooperationspartner
  • Kreditinstitute und Financiers
  • Interessenverbände wie zum Beispiel Handwerkskammern oder Branchenverbände

Tipp Nummer 7: Loslassen lernen

Emotionen spielen bei einer Unternehmensübergabe eine große Rolle. Aus der Erfahrung heraus gibt es von beiden Seiten oftmals unausgesprochene Erwartungen, die zu Enttäuschungen und Missverständnissen führen können. Dem Senior fällt es verständlich­erweise oft schwer, sich aus dem in jahrelanger Arbeit aufgebauten Betrieb zurückzuziehen. Klare Re­gel­ungen und ein offen gestaltetes Erwartungsmanagement helfen somit allen Betroffenen. Der Übergebende und der Übernehmende sollten schriftlich die Spiel­regeln und den Zeitplan gemeinsam festlegen.

Tipp Nummer 8: Professionelle Unterstützung in Anspruch nehmen

Angesichts der Komplexität des Prozesses ist es oft hilfreich, externe Hilfe in Anspruch zu nehmen. Diese können als neutrale Dritte wertvolle Unterstützung bieten, moderierend wirken und sicherstellen, dass alle Aspekte der Nachfolge berücksichtigt werden.

Eine gut durchdachte und frühzeitig eingeleitete Nachfolgeplanung ist der Schlüssel zum langfristigen Erfolg und zur Nachhaltigkeit eines Unternehmens. Sie sichert nicht nur die Zukunft des Unternehmens, sondern schützt auch das Lebenswerk des Unternehmers.

Ein letzter Praxistipp zur Unternehmensnachfolge

Der gemeinsame Besuch eines Managementseminars durch den Übergeber und den Nachfolger kann eine Firmennachfolge entscheidend erleichtern. Die strategische Neuausrichtung, die Definition der Führungskultur, sowie Änderungen bei den Kommunikations- und Entscheidungsprozessen können im Rahmen einer Schulung in Ruhe und unter externer Begleitung besprochen werden. Missverständnisse und Enttäuschungen können so vermieden werden.

In dieser sensiblen Phase durften wir schon viele Unternehmen begleiten. Sprechen Sie uns gerne an und vereinbaren Sie ein unverbindliches Fachgespräch.

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Bildquelle:

Titelbild erstellt mit Dall-e2

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